Bedeutung des Domainnamens

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von Martin Richter mrichter@factsoft.de

Die Domain reisebuero.de wurde für angeblich 100.000 DM verkauft. Sind solche Werte realistisch? Welche Betrachtungen lassen sich anstellen, um sich einer fundierten Bewertung anzunähern? Auf Domainnamen, die Marken, Produkte oder einen Firmennamen bezeichnen, treffen diese Betrachtungen nur mit Einschränkungen zu, da bereits die unter 1.) beschriebene Trefferhäufigkeit auf die gezeigte Weise nicht zu ermitteln ist.

1. Trefferhäufigkeit

Eine Domain ist dann wertvoll, wenn Sie häufig direkt aufgerufen wird, und zwar unabhängig von Inhalten. Ideal läßt sich dieser Wert ermitteln, wenn die Treffer direkt nach einer Neuregistrierung auf eine völlig inhaltslose Webseite gezählt werden. In diesem Fall haben die Inhalte der Website keinerlei Einfluß auf die Trefferursache.

Erfahrungen: Eine .de-Domain mit einem völlig kryptischen Namen ohne jede inhaltliche Bedeutung erzielt im Netz monatlich noch immer bis zu 4 Treffer. Sinnvolle Domainnamen können aus unserer Erfahrung derzeit idealerweise bis zu 50 Treffer täglich erreichen (nicht zu verwechseln mit registrierten Domains von Markennamen, Zeitschriften etc., die oft mehr als 300 Treffer täglich erreichen, deren Betrachtung aber, speziell in diesem Punkt, keine Rolle spielt).

2. Identifikationspotential

Nicht immer gibt der eingetippte Domainname eindeutig Aufschluß darüber, mit welchem Ziel der Internetbenutzer diese Domain angewählt hat. So wird unter www.otto.de sowohl das Versandhaus als auch der Künstler Otto Waalkes gesucht. Vom Potential der gesamten Trefferhäufigkeit ist derjenige Teil abzuziehen, der nicht befriedigt werden kann. Der tatsächlich nutzbare Teil kann oft nur ein Bruchteil der tatsächlichen Treffer sein, insbesondere, wenn die Erwartungen breit gefächert sind.

3. Schreibweise und Verwechselbarkeit

Die ortografisch richtig geschriebene Domain www.rhythmus.de muss damit leben, daß der überwiegende Teil der Benutzer entweder www.rhytmus.de oder www.rythmus.de aufruft und büßt damit einen guten Teil Ihres Wertes ein. Domains mit zusammengesetzten Wörtern beinhalten das Risiko, in der Bindestrich-Version aufgerufen zu werden. So ist die Bindestrich-Version mit weniger als 40 % der Aufrufe deutlich weniger Wert als die entsprechende bindestrichlose Version (von Ausnahmen abgesehen; viele Domainhändler in den USA berechnen für Bindestrich-Versionen etwa nur 50% der bindestrichlosen Variante; in Deutschland wird der Bindestrich gerne registriert, jedoch nicht häufiger aufgerufen).

4. Betrachtungen über die Bedeutung des Domainnamens

Es gibt tatsächlich nur zwei Wege, auf denen ein Anwender das gewünschte (bereits bekannte) Angebot sicher erreicht: a. kann er den Domainnamen eingeben, oder b. kann er eine Seite, die er einmal erreicht hat, bookmarken.

Selbst der optimale inhaltliche Erfolg des Angebots kann seine Wirkung nur dann wirtschaftlich ideal realisieren, wenn die Wiederauffindbarkeit des Angebots garantiert ist.

Andere Möglichkeiten des Wiederauffindens bergen die Probleme:

Gehen Sie weiter davon aus, daß ein Großteil der Empfehlungen ihrer Besucher an Freunde etc. darauf angewiesen ist, daß sich sowohl der Empfehlende an die Adresse erinnert (bzw. sie zur Hand hat), als auch der die Empfehlung entgegennehmende sichspäter an die Adresse erinnern kann, bzw. die Notiz findet. Auf dem relativ umständlichen Weg der Übertragung der Information von Altnutzer A zu Neunutzer B multiplizieren sich die Probleme. Umgekehrt wird der bestmögliche Domainname gegenüber dem nächstbesten ein Vielfaches von erfolgreichen Empfehlungen erreichen.

5. Der Domainname als Registrierungselemet für Suchmaschinen

Einige Suchmaschinen bevorzugen Domainnamen, wenn der Suchbegriff mit dem Domainnamen übereinstimmt. Hierdurch sind zusätzliche Treffer erreichbar, deren Bedeutung jedoch eher als gering einzustufen ist.

6. Beispielrechnung

Eine Domain mit dem Namen www.billigreise.de erzeugt täglich nach 1.) 5 Treffer. Das Identifikationspotential nach 2.) ist 100%. Es werden täglich 5 Besucher erreicht, von denen angenommen jeder 250ste eine Reise mit einem Rohgewinn von 100 DM bucht; im Jahr rund 700 DM, abgezinst bei 10% in 10 Jahren bleibt da immerhin noch ein Barwert von rund 4.300 DM für diesen Funktionsteil des Domainnamens. Man verdeutliche sich nun folgende Situation: von den 5 täglichen Besuchern, die die Webseite direkt über die Adresse erreichen, wird jeder 250. Besucher Kunde; von diesen wiederum bucht jeder dritte deshalb jährlich eine weitere Reise, weil er nicht nur mit der Leistung zufrieden war, sondern sich den Domainnamen gemerkt hat. Dieser Effekt wäre für die nächsten 10 Jahre, abgezinst wie oben, mit immerhin bereits knapp 6.300 DM zu bewerten. Tatsächlich ist dieser Wert im Verhältnis noch weit zu niedrig angesetzt, da ein Wiederholbesuchereffekt noch erheblich mehr und in zahlenmäßig ungleich größerem Ausmaß auch diejenigen Besucher trifft, die auf sonstigem Wege (Empfehlungen, Links, Banner, Suchmaschinen) die Webseite erstmalig erreichen und zeigt damit auf eine Größenordnung, die auch bei anderen Annahmen (Anzahl weiterer Reisen, Anteil der Kunden, die sich den Namen merken können) mit Leichtigkeit dem Treffereffekt überlegen ist.

7. Auf den Erfolg warten

Tatsächlich zeigt sich, wie auch das Beispiel (6., auch 3.) verdeutlichen soll, daß der Effekt des Domainnamens langfristiger Natur ist, und dessen Wert in Kombination mit einem vorliegenden, den Benutzer befriedigenden Angebot erst sehr viel später realisiert werden kann. So kann es sich rechnen, eine Domain auch zu einem erheblichen Preis zu erwerben, wenn ein dazu passendes, auf Langfristigkeit angelegtes Internetangebot vorhanden ist und eine große Identifikation mit dem zu erwerbenden Domainnamen gegeben ist.